Grosse Investitionen im Kampf gegen Krebs
30.06.2020 Bubendorf, WirtschaftDie Carbogen Amcis ist Dienstleister für die Pharmaindustrie
Mit rund 350 Beschäftigten ist Bubendorf der grösste Standort der Carbogen-Amcis-Gruppe. Geschäftsleitungsmitglied Alan Fischer sieht denn auch eine grosse Zukunft im Oberbaselbiet.
André ...
Die Carbogen Amcis ist Dienstleister für die Pharmaindustrie
Mit rund 350 Beschäftigten ist Bubendorf der grösste Standort der Carbogen-Amcis-Gruppe. Geschäftsleitungsmitglied Alan Fischer sieht denn auch eine grosse Zukunft im Oberbaselbiet.
André Frauchiger
Sie fällt auf: Die hochmoderne Architektur mit dem grossen Rundgebäude an der Hauptstrasse 171 in Bubendorf. Dies besonders bei Nacht, wegen der Beleuchtung. In diesem Gebäude beherbergt die Carbogen Amcis den Hauptsitz der gesamten Gruppe. Daneben belegt die Firma weitere drei Gebäude, in denen die operativen Tätigkeiten stattfinden. Das Unternehmen, das in Bubendorf rund 350 Beschäftigte zählt, ist im Bereich der Entwicklung zukünftiger Medikamente tätig und bezeichnet sich als «Dienstleister für die pharmazeutische Industrie».
Die Carbogen-Amcis-Gruppe ist ein internationales Unternehmen mit insgesamt acht Standorten in Frankreich (Riom), Grossbritannien (Manchester), in den Niederlanden (Veenendaal), China (Shanghai) und in der Schweiz in Bubendorf, Hunzenschwil (der Standort heisst Neuland, damit die Angelsachsen es aussprechen können), Aarau und im westschweizerischen Vionnaz. Weltweit wurden im vergangenen Jahr 205 Millionen Franken Umsatz erreicht, davon 145 Millionen mit der Produktion durch die vier Schweizer Standorte. Rund die Hälfte des Umsatzes wird mit Geschäften mit den USA erzielt; Carbogen Amcis hat in den USA und Japan zwar keine eigentlichen Firmenstandorte, unterhält aber Verkaufsbüros. Das Unternehmen gehört seit 2006 zur indischen Dishman-Gruppe, die 1983 in Ahmedabad gegründet wurde und an der Börse in New Delhi und Bombay registriert ist.
Acht Firmen-Standorte
Bubendorf ist mit rund 350 Mitarbeitenden der grösste aller acht Standorte der Carbogen-Amcis-Gruppe, gefolgt vom Standort Aarau mit rund 130, Shanghai mit rund 120, Hunzenschwil mit 110, Manchester mit rund 90 und Vionnaz mit rund 20 Beschäftigten. Während die Standorte in Manchester und Shanghai hauptsächlich Zulieferer für die Schweizer Standorte sind, werden in der Schweiz die Endprodukte, vornehmlich pharmazeutische Wirkstoffe mit hoher Wertschöpfung, hergestellt, wie Dr. Alan Fischer, Mitglied der Geschäftsleitung, erklärt.
Das pharmazeutische Unternehmen richtet seinen Fokus auf die Spezialitätenchemie: 25 Wirkstoffe für Medikamente werden hergestellt. Wirkstoffe sind die pharmakologisch aktiven Substanzen im Medikament, meistens ein weisses Pulver, das dann von den Kunden mit «Füllmaterial» in fertige Medikamente verarbeitet wird. Ein Beispiel eines Wirkstoffs ist Acetylsalicylsäure, das seit Jahrzehnten erfolgreich als Schmerzmittel Aspirin verkauft wird.
Die Carbogen Amcis AG stellt also die Medikamente nicht im Alleingang her, sondern produziert und liefert die Wirkstoffe als Dienstleister an die verschiedensten innovativen Pharmafirmen, welche die Produkte dann unter ihrem Namen verkaufen. Die Kunden sind grosse und mittelgrosse Pharmafirmen, aber auch Start-ups – noch junge, oft sehr kleine, aber in der Regel hoch innovative Betriebe. Letztere sind für 90 Prozent des Auftragsvolumens im Entwicklungsbereich verantwortlich. Dies zeigt laut Alan Fischer, dass heute ein Grossteil der innovativen Medikamente von Start-ups erfunden werden.
Krebsmittel im Mittelpunkt
Fischer sagt: «Wir unterstützen Kleinfirmen bei der Medikamentenentwicklung, denn diese sind dazu aus eigener Kraft, aus finanziellen, ressourcen- und kapazitätsmässigen Gründen kaum in der Lage.» Eine Win-win-Situation also, letztlich zugunsten der rascheren und kostensparenden Entwicklung neuer Medikamente. Für Carbogen Amcis stehen neue Mittel, die Krebs bekämpfen, im Mittelpunkt.
Die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und Institutionen ist für die Carbogen Amcis AG generell von grosser Bedeutung. Wie Alan Fischer erklärt, findet zurzeit im Rahmen der Entwicklung eines neuen Wirkstoffs eine Zusammenarbeit mit der Universität Zürich statt. Eine enge Zusammenarbeit gibt es natürlich im Rahmen der Wirkstoffentwicklungen auch mit der Basler Pharmaindustrie und anderen Institutionen der Wirtschaft und Wissenschaft.
Alan Fischer zeigt sich zuversichtlich, was die Weiterentwicklung seines Unternehmens und der Pharmabranche insgesamt angeht. Er rechnet für seinen Betrieb in den kommenden Jahren mit einem soliden Wachstum von jährlich rund 5 Prozent. Auf dem Weltmarkt würden jährlich rund 100 Milliarden Franken für die Entwicklung neuer Medikamente ausgegeben. Die Nachfrage sei gegeben – der Kampf gegen den Krebs, aber auch gegen das Coronavirus, um nur zwei Beispiele zu nennen, zeigten das deutlich.
Für den Standort Bubendorf sieht Alan Fischer eine vielversprechende Zukunft: In den vergangenen zwei Jahren wurden hier rund 25 Millionen Franken in neue Anlagen investiert, wodurch etwa 50 neue Arbeitsplätze geschaffen werden konnten.
Zurzeit werden beim Standort Hunzenschwil mit einem Betrag von 130 Millionen Franken Neuanlagen geplant, weitere Neuinvestitionen in Bubendorf würden in naher Zukunft folgen. Vor allem für die Herstellung neuer Wirkstoffe in der Krebstherapie brauche es einen Investitionsschub. Fischer: «Die Krebsmittelforschung und Wirkstoffentwicklung sind für die Menschen sehr wichtig. Schon heute sind die Überlebenschancen bei Krebs dank neuer Diagnostik und Medikamente viel höher als noch vor wenigen Jahren.»
Der Standort Bubendorf sei vorteilhaft, erklärt Alan Fischer, insbesondere wegen seiner geografischen Nähe zur Basler Pharmaindustrie und auch wegen der notwendigen Rekrutierung von Grenzgängerinnen und Grenzgängern aus Süddeutschland und dem Elsass.
Dass sich das Unternehmen in der Schweiz auf vier Standorte verteilt, sieht Fischer als Vorteil: Mit kleineren Betrieben werde der Zusammenhalt der Belegschaft, das Wir-Gefühl, gefördert. Das Teamwork sei in dieser Branche mit Schwerpunkt Forschung und Entwicklung besonders wichtig. Die Vorteile von vier Standorten seien für das Unternehmen jedenfalls grösser als die Nachteile. Die steuerlichen Belastungen für das Unternehmen seien in den Kantonen Baselland und Aargau ähnlich, die Standortattraktivität vergleichbar.
Das Unternehmen in Kürze
afr. 2006 kam es zur Akquisition von CarboGen Laboratories AG und Amcis AG. Gleichzeitig wurden die beiden Unternehmen zur Carbogen Amcis AG zusammengelegt. Die Amics AG wurde bereits vor rund 38 Jahren mit Sitz in Liestal gegründet. Das Unternehmen ist im Besitz der indischen Dishman Group, die 1983 in Indien gegründet wurde und als Dishman Carbogen Amcis Limited an der Börse von Bombay registriert ist.
Rund 760 Mitarbeitende aus 24 Nationalitäten arbeiten für das Unternehmen, wobei das Durchschnittsalter der Mitarbeitenden 41 Jahre beträgt.
Gemäss eigenen Angaben umfasst das Tätigkeitsgebiet ein «Portfolio von Dienstleistungen zur Entwicklung und Kommerzialisierung von Arzneimittelwirkstoffen für die pharmazeutische und biopharmazeutische Industrie für alle Phasen der Arzneimittelherstellung».
Im vergangenen Geschäftsjahr betrug der Umsatz in der Schweiz 145 Millionen Franken (weltweit 205 Millionen) und das operative Ergebnis 19 Millionen Franken (weltweit 47 Millionen).