Walter Eglins letzte Werke zwischen Buchdeckeln
10.03.2020 Bezirk Sissach, KulturIn den Holzmonotypien befasste sich der Künstler mit seinem Tod
In den letzten Monaten seines Lebens hat sich der Künstler Walter Eglin einer neuen Arbeitstechnik zugewandt: den Holzmonotypien. Anlässlich seines 125. Geburtstags veröffentlicht sein Sohn Toni Eglin ein Buch mit diesen ...
In den Holzmonotypien befasste sich der Künstler mit seinem Tod
In den letzten Monaten seines Lebens hat sich der Künstler Walter Eglin einer neuen Arbeitstechnik zugewandt: den Holzmonotypien. Anlässlich seines 125. Geburtstags veröffentlicht sein Sohn Toni Eglin ein Buch mit diesen Werken.
Michèle Degen
Im September 1965 wurde der Künstler Walter Eglin operiert. Kurz zuvor hatten die Ärzte entdeckt, dass der Känerkinder an Magenkrebs litt, der ihn so sehr schwächte, dass es ihm nicht mehr möglich war, die Mosaike, Sgraffiti oder Holzschnitte zu schaffen, mit denen er bekannt geworden war. Ihm fehlte die Kraft, die Steine in Form zu klopfen. Noch im Spitalbett kam ihm jedoch eine neue Idee: Holzmonotypien. Um sie auszuprobieren, verliess er auf eigene Verantwortung das Spital. 22 Werke erschaffte er auf diese Weise, bevor er fünf Monate später, im Februar 1966, an den Folgen seiner Krankheit verstarb.
Anlässlich seines 125. Geburtstags hat Eglins Sohn Toni in Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller und Lokalhistoriker Thomas Schweizer sowie der Museumskommission des Walter-Eglin-Museums diese Kunstwerke in einem Buch zusammengetragen. Heute Abend feiert man in der Kantonsbibliothek dessen Vernissage. Kunstpädagoge und Künstler Ruedi Pfirter wird über die Holzmonotypien sprechen. Thomas Schweizer, der den Anlass moderiert, wird mit Toni Eglin ein Gespräch über die letzten fünf Monate im Leben von Walter Eglin führen. Der Känerkinder Gemeindepräsident Adrian Ammann wird die Gäste begrüssen.
Für die Monotypien sammelte Walter Eglin Holzteile – meist bei der Sägerei in Diegten, die damals noch in Betrieb war. Diese Holzstücke bürstete und schrubbte er sauber, damit die Maserung des Holzes gut sichtbar wurde. Danach färbte Eglin sie mit Druckerschwärze ein und prägte ihren Abdruck auf Papier. Durch viele einzelne solcher Abdrucke entstand schliesslich ein Bild.
«Er hat pausenlos an diesen Bildern gearbeitet, sobald er aus dem Spital war», sagt Toni Eglin. Dabei scheint die Methode nicht viel weniger kraftaufwendig gewesen zu sein als die Herstellung eines Mosaiks. Denn damit die Maserung des Holzes auf dem Hintergrund gut sichtbar wurde, prägte Eglin sie mithilfe eines Hammerschlags ein, was einiges an Kraft benötigte. Ebenso wie das Schrubben der Holzteile. Bei einem Workshop, der von der Gemeinde Känerkinden zusammen mit dem Walter-Eglin-Museum durchgeführt worden ist, haben die Teilnehmer selbst versucht, Holzmonotypien herzustellen. «Das war ziemlich anspruchsvoll», sagt Toni Eglin, der ebenfalls anwesend war.
Auseinandersetzung mit dem Tod
«Der als Holzschnittmeister schon in jungen Jahren bedeutungsvolle Walter Eglin, der in mittleren Jahren als Mosaikkünstler viele Beweise seiner Originalität und Eigenständigkeit gegeben hatte, beschloss am Ende seines Lebens, wahrhaftig ‹in extremis›, vom Totenbett aus sein Œuvre mit einem Geniestreich», schrieb der 2014 verstorbene Kunsthistoriker Reinhold Hohl 1967 in der Zeitschrift Xylon. Eglin selbst schrieb über seine letzte Schaffensphase: «Jetzt möchte ich einmal tun, was mich treibt, und nicht, was die Kommissionen mir aufdiktieren wollen.»
Eglin hatte nach seinem Spitalaufenthalt einige Aufträge abgelehnt, um seiner Idee nachzugehen, doch der Künstler war nach wie vor krank und seine Kräfte schwanden. Zusätzlich litt er unter starken Schmerzen. Die Zeitspanne, in der er an seinen Werken arbeiten konnte, wurde immer kürzer. Doch aufhören kam für ihn nicht infrage. In den Holzmonotypien setzte er sich mit dem Tod, seiner Gesundheit und seinem eigenen Ableben auseinander. So zum Beispiel im Bild «Engel, Fisch auf Rädern und vier Holzgeister». Auf dem 106 Zentimeter breiten und 90 Zentimeter hohen Werk ist ein Engel abgebildet, der in Begleitung einer Person in Richtung Himmel fliegt. Neben der Person ragt ein Fisch ins Bild. Walter Eglin war im Sternzeichen Fisch geboren, weshalb Toni Eglin davon ausgeht, dass es sich bei der Person um seinen Vater handelt. Oder beim Werk «Selbstdarstellung»: «Mein Vater erklärte mir das Bild so: Mit dem Herzen ist alles in Ordnung, doch die Beine brauchen Unterstützung», erläutert Toni Eglin.
Acht der 22 fertiggestellten Holzmonotypien befinden sich heute im Walter-Eglin-Museum in Känerkinden, zwei im Kunstmuseum Basel, zwei in der ETH Zürich und die restlichen sind im Besitz von Toni Eglin.
«Walter Eglin, die Holzmonotypien, seine letzten Werke» ist erhältlich bei Schaub Medien AG, Hauptstrasse 31–33, Sissach, empfang@schaubmedien.ch, oder im Buchhandel. 32 Franken zuzüglich Versandkosten. Vernissage: heute Dienstag, 10. März, 19.30 Uhr, Kantonsbibliothek, Liestal.