Mit dem gletscherblauen Allradler ins Tal der grünen Fee
08.10.2019 AutoFahrbericht | Lifestyle-SUV mit Turbopower: Suzuki Vitara 1.4 Boosterjet
Viele Bergler, Förster und Landwirte verlassen sich längst auf die 4x4-Autos von Suzuki. Den kompakten Lifestyle-SUV Vitara empfiehlt der japanische Autobauer auch einem Publikum, das an ...
Fahrbericht | Lifestyle-SUV mit Turbopower: Suzuki Vitara 1.4 Boosterjet
Viele Bergler, Förster und Landwirte verlassen sich längst auf die 4x4-Autos von Suzuki. Den kompakten Lifestyle-SUV Vitara empfiehlt der japanische Autobauer auch einem Publikum, das an einem Auto nicht nur die Geländetauglichkeit schätzt, sondern auch eine moderne Optik und einen spritzigen Motor.
Christian Horisberger
Ein Mann sollte so etwas über ein Auto nicht sagen, schon gar nicht öffentlich. Aber es ist nun einmal so: Diese Farbe ist der Hammer! Blaugrau wie ein Gletscher, Blaugrau wie der Mittag des Tages, als wir den Suzuki Vitara zur Probe fuhren. Es ist weder das Babyblau von Frauen-Autölis noch das Mausgrau, mit dem die Autos der VW-Konzern-Marken das Farbspektrum auf der Strasse veröden. Es ist die perfekte Mischung daraus. Grandios.
Die Gletscherfarbe kann man auch als Hinweis auf die Kernkompetenz von Suzuki interpretieren: Der japanische Motorrad- und Autobauer rüstet selbst Winzlinge wie beispielsweise den Swift mit 4x4-Antrieb aus und hat sich damit insbesondere in bergigen Regionen etablieren können, wo oft mit verschneiten oder vereisten Bergstrassen zu rechnen ist. In tieferen Lagen wie bei uns im Baselbiet seien es nicht selten Jäger und Landwirte, die auf die Qualitäten eines Suzuki auf Wald- und Feldwegen setzten, sagt Garagistin Nicole Graf.
Der Suzuki Vitara hat keinen kommunen «4x4»- oder Allradantrieb, sondern «Allgrip». Grip steht für «alles im Griff» – in jeder Lage, auf jedem Untergrund. Der Fahrer oder die Fahrerin kann zwischen vier Modi wählen. Standardmässig ist der Auto-Modus aktiviert: Die Kraftübertragung erfolgt auf die Vorderräder; dreht ein Rad durch, aktiviert der Computer automatisch 4x4. Bei der Testfahrt liessen wir uns auf einer aufsteigenden, kurvenreichen Strecke vom Sport-Modus verführen – und begeistern. Der mit dem Drehknopf beim Handbremsgriff aktivierte Allradantrieb gibt dem SUV mit einer optimalen Verteilung der Kraft auf die Vorder- und Hinterräder auch in sehr zügig gefahrenen Kurvenkombinationen eine hohe Stabilität. Das Auto hält treu die Spur. Zusätzlich hängt der 1,4-Liter-Turbomotor (im Suzuki-Jargon: «Boosterjet») mit 103 kW (140 PS) im Sport-Modus durch eine Anpassung des Motormanagements besser am Gaspedal und dreht höher, bis die Automatik hochschaltet. Letzteres setzt voraus, dass man die Finger von den Schaltwippen am Lenkrad lässt. Das verlangt dem Fahrer auf einer kurvigen Bergstrecke allerdings sehr viel Disziplin ab.
Für Schnee, Eis und Schlamm
Der Snow-Modus bietet sich auf schnee- und eisglatten Flächen, aber auch im Schlamm an. Auf der Fahrt trafen wir weder auf das eine noch das andere. Daher müssen wir auf die Angaben von Suzuki vertrauen: «Das System errechnet aufgrund des Beschleunigungs- und Lenkverhaltens, ob das Auto ins Rutschen geraten könnte und leitet bei Bedarf ein grösseres Drehmoment an die Hinterräder.»
Im vierten Modus, dem «Lock»- Betrieb, wird konstant ein hohes Drehmoment an die Hinterräder weitergeleitet, um eine maximale Traktion zu erreichen. Mit der Unterstützung des ESP und weiterer Systeme soll «Allgrip» den Suzuki selbst aus tiefem Schnee oder Schlamm befreien können. Also wie Lügenbaron Münchhausen, der sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zog. Leider konnten wir auf unserer Fahrt ins Val de Travers auch diese Information nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen.
Was sich jedoch bestätigen lässt: Die Sicherheitssysteme, die beim Verlassen der Fahrspur Alarm schlagen und ins Lenkrad eingreifen und verhindern, dass man zu nahe auf den Vordermann auffährt, sind Gold wert. Vor allem, wenn man beim entspannten Cruisen in Richtung Neuenburg den Blick immer wieder über den Bielersee mit den dahinter erkennbaren Alpen oder über die Rebhänge am Seeufer schweifen lässt.
Das von der Gelterkinder Garage Graf zur Verfügung gestellte Auto war mit allen Extras gespickt, die Suzuki zu bieten hat: Neben den erwähnten Sicherheitsassistenten mit an Bord: schlüsselloses Einsteigen und Starten, Panorama-Schiebedach, Klimaautomatik, Navi, Park- und Regensensoren, Sitzheizung,Touchscreen-Multimedia-System mit Smartphone-Anbindung und Sprachsteuerung, Verkehrszeichen-Erkennung, Toter-Winkel-Warner in den Aussenspiegeln und mehr. Trotz der Fülle an Komfort- und Assistenzsystemen ist das Cockpit nicht überfrachtet und kann zum grössten Teil nach kurzer Angewöhnungszeit souverän bedient werden. Eine Stärke der Marke, sagt Nicole Graf. Dies werde vor allem von älteren Kundinnen und Kunden sehr geschätzt.
Bequem und praktisch
Tatsächlich ist das Aktivieren und Einstellen von Navigation, Telefon und Klimaautomatik auf Anhieb kein Problem. Wünschenswert wäre in der Mittelkonsole ein Drehknopf statt Berührtasten für die Lautstärkeregelung des Radios. Ebenso die Navigationssymbole nicht nur auf dem Touchscreen-Navi, sondern auch im Fahrercockpit. Die analoge Uhr in der Mitte des Armaturenbretts sollte nobel wirken; mich jedoch erinnert sie an die antike Uhr auf dem Buffet in der Stube meiner Grosseltern.
Fahrer und Beifahrer fühlen sich in den Sitzen aus einer Kombination von Kunstleder und Velours sehr wohl und sicher; sie bieten in zügig gefahrenen Kurven sehr guten Seitenhalt. Ablageflächen gibt es mittig und in den Türen ausreichend. Gefallen hat das Brillenfach im Dachhimmel. Die Kopffreiheit ist auch für Lenker und Beifahrer von 1,90 Metern Grösse ausreichend. Im Fond sieht es anders aus. Wer über 1,80 Meter lang ist, muss den Kopf einziehen. Hingegen ist die Kniefreiheit gut bemessen.
Die Rücklehne der Rücksitze lässt sich im Verhältnis 60:40 umlegen, womit sich ein stattlicher Stauraum ergibt. So lässt sich im Lifestyle-SUV entweder ein Lebensvorrat Fé verte aus dem Val de Travers verstauen oder ein Mountainbike zum Fuss des Creux du Van befördern, ohne dass man dessen Räder demontieren muss. Ein praktisches Detail ist der doppelte Boden im Kofferraum.
Der Vitara ist mit seinen inneren Werten ein leistungsfähiger Geländewagen, mit seinem kräftigen Motor und den fünf Plätzen auch geeignet als Kleinfamilientransporter – vorausgesetzt, man geht nicht mit dem Zug oder dem Flugzeug in die Ferien. Die Spritzigkeit des Motors, die uns begeisterte, hat ihre Schattenseite: Ein Sparwunder ist der 1,4-Liter-Boosterjet nicht, daher schafft er es auch nur in die Energieeffizienz-Kategorie G (für das handgeschaltete Modell gibt es ein F). Diesel-Motoren hat Suzuki nicht mehr im Sortiment (siehe Kasten).
Volles Ausstattungspaket
Äusserlich unterscheidet sich der Suzuki Vitara nicht wesentlich von den Klassenkonkurrenten in der Kategorie kompakte SUV. Auffälligste Details sind die wuchtigen Heckleuchten und das grosse S in Chrom auf dem Kühlergrill.
Sehr umfangreich ist das Ausstattungspaket, wenn man sich für das von der «Volksstimme» gefahrene Modell 1.4 Boosterjet Compact Top Automat für 32 990 Franken entscheidet. Nur die Metallic-Lackierung (1180 Franken) ist noch nicht enthalten. Und mit diesem wunderschönen Graublau («Ice Grayish Blue Metallic») hebt er sich dann eben doch von der Masse ab.
Hybrid-Palette wird grösser
vs. Suzuki nimmt bei seiner Flotte Anpassungen vor. Die Diesel-Motoren hat der japanische Hersteller in der Schweiz schon vor zwei Jahren aus den Regalen genommen. Den Vitara und den S-Cross gibt es ab kommendem Frühling wie bereits den Swift und den Ignis auch als Hybrid. Ende 2020 wird die Palette mit zwei weiteren Vollhybrid-Modellen ergänzt, die Suzukis Partner Toyota baut (auf der Basis des RAV4 und des Corolla Wagon). Zudem hat Suzuki ein erstes reines Elektroauto in Planung.
Facts & figures
Masse
Länge 4,17 Meter
Breite 1,78 Meter
Höhe 1,69 Meter
Leergewicht 1389 kg
Gesamtgewicht 1730 kg
5-Plätzer
Kofferraumvolumen
375 bis 710 Liter
Motor/Leistung
1,4-Liter-Vierzylinder-Benzinmotor mit 103 kW (140 PS) bei 5500 U/min
Max. Drehmoment 220 Nm
Kraftübertragung
Variables Allradgetriebe mit Sechsstufen-Automatik
Fahrleistungen
Höchstgeschwindigkeit 200 km/h
Beschleunigung von 0-100 km/h in 10,2 Sekunden
Verbrauch
Werksangabe innerorts 7,5 Liter/100 km ausserorts 5,5 Liter/100 km gemischt 6,1 Liter
Fassungsvermögen Tank 47 Liter
Energieeffizienzkategorie G
Preis
Günstigstes Modell: Compact+ mit 6-Gang-Schaltgetriebe 26 990 Franken
Gefahrenes Fahrzeug: Compact Top mit 6-Gang-Automatik und Metallic-Lackierung 34 170 Franken.