«Bämbel» feiert «euse Spitteler»
03.09.2019 Bennwil, Kultur, Bezirk WaldenburgAuf den Spuren des Baselbieter Nobelpreisträgers
Am Sonntag ist im Pfarrhaus von Bennwil Carl Spitteler als «grösster ‹Bämbeler› aller Zeiten» gefeiert worden. In Liestal dürfte man ob solcher Worte die Stirn runzeln: War der Nobelpreisträger nicht Liestaler ...
Auf den Spuren des Baselbieter Nobelpreisträgers
Am Sonntag ist im Pfarrhaus von Bennwil Carl Spitteler als «grösster ‹Bämbeler› aller Zeiten» gefeiert worden. In Liestal dürfte man ob solcher Worte die Stirn runzeln: War der Nobelpreisträger nicht Liestaler Bürger?
Martin Stohler
Seit 1948 erinnert in Bennwil ein Denkmal an Carl Spitteler. Der Dichter lebte zwar nie im kleinen Baselbieter Dorf und besass auch nicht dessen Bürgerrecht. Trotzdem war die Verbundenheit mit der Gemeinde eng genug, dass ihm diese 24 Jahre nach seinem Tod einen Gedenkstein setzte.
Die Spittelers sind ein altes Bennwiler Geschlecht, wie Peter Tschudin in seinem Vortrag über den Nobelpreisträger und dessen besonderes Verhältnis zu Bennwil an der Feier zu Ehren des Dichters ausführte. Allerdings zog der Grossvater Spittelers nach Basel, wo er als Notar wirkte. Dessen Sohn Karl (1809–1878) studierte in Basel erst Medizin, schloss dann aber ein Studium als Jurist ab.
1832–1833, also mitten in den Wirren der Kantonstrennung, war er ein Jahr lang Lehrer in Bennwil. Dann zog er nach Liestal und nahm dessen Bürgerrecht an. Solches war zu jener Zeit nötig, wenn man an einem Ort ein Geschäft eröffnen wollte. So kam es, dass Carl Spitteler am 24. April 1845 als Liestaler Bürger geboren wurde.
Spittelers Vater Karl erlangte sowohl in Baselland wie in der Eidgenossenschaft hohe Positionen. Im jungen Kanton wirkte er zeitweise als Erster Landschreiber, im 1848 geschaffenen Bundesstaat als eidgenössischer Finanzverwalter. Carl mochte nicht in die Fussstapfen seines Vaters treten. Nach einem Theologiestudium wirkte er nur kurz als Pfarrer und wurde dann Hauslehrer in Russland.
Zurück in der Schweiz, arbeitete er zunächst als Lehrer und als Journalist. Sein ganzes Streben bestand aber darin, ein Dichter zu sein. Die Heirat mit der Tochter eines wohlhabenden Unternehmers im Jahr 1883 ermöglichte es ihm nach dem Tod des Schwiegervaters, sich ganz auf den Dichterberuf zu konzentrieren. Mit seiner Gemahlin liess er sich1893 in Luzern nieder, wo er bis zu seinem Tod am 29. Dezember 1924 lebte.
Besuch im Pfarrhaus
«Aus den Augen» hiess bei Spitteler freilich nicht «aus dem Sinn». Und so kam es, dass er am 14. September 1913 Bennwil einen Besuch abstattete und dabei auch unangemeldet beim Pfarrhaus anklopfte. Pfarrer Hans Nidecker war gerade nicht zugegen, und so nahm sich vorerst seine Gemahlin Clara des Dichters an. Der Besuch Spittelers hinterliess bei der jungen Pfarrfrau, wie Annegret Schaub, eine Enkelin Clara Nideckers, an der Feier berichtete, einen bleibenden Eindruck.
Ihre Grossmutter habe dem Besucher zunächst einen Kaffee angeboten, ihm dann den Pfarrhausgarten gezeigt – und als der Pfarrer immer noch nicht nach Hause kam – Spitteler ein paar Stücke auf dem Klavier vorgespielt. Dieser war von ihrem Musizieren so berührt, dass er ihr einen Band Noten von Beethoven-Sonaten zukommen liess. Als Widmung schrieb er: «Frau Pfarrer Nydegger zum Andenken an den schönen Sonntagnachmittag in Bennwyl.»
Pfarrer Nidecker, der doch noch zu den beiden stiess und der sich mit Spitteler wohl auch über Kunst und Dichtung unterhalten haben dürfte, erhielt Spittelers Büchlein «Die Mädchenfeinde». In der Folge besuchte Spitteler Bennwil wiederholt. Einmal soll er dabei auch den ganzen Gemeinderat zum Essen ins Wirtshaus eingeladen haben.
Spittelers Verbundenheit mit dem Baselbieter Dorf kam auch in seinem Dankschreiben an den Gemeinderat für dessen Gratulation zu seinem 70. Geburtstag im Jahr 1915 zum Ausdruck. Darin heisst es unter anderem: «Der Ort, der meinem Vater Heimat bedeutete, hat und behält für mich eine ganz besondere Weihe. Nie werde ich anders als mit Andacht und Rührung diese Stätte betreten. Vermitteln Sie bitte den Bürgern von Bennwil die Versicherung meiner treuen Anhänglichkeit.»
Angesichts solcher Worte lässt sich leicht nachvollziehen, weshalb die Bürgerinnen und Bürger von Bennwil Carl Spitteler für einen der Ihren hielten und halten, auch wenn auf dem Geburtsschein ein anderer Bürgerort steht.
Das Denkmal von 1948
Der Abschluss der Spitteler-Feier fand mit einem Apéro im Dorfmuseum statt, wo die Museumskommission eine kleine Ausstellung zu Spitteler und Bennwil eingerichtet hat. Auf dem Weg vom Pfarrhaus zum Museum gab es einen Zwischenhalt beim «Bämbeler» Spitteler-Denkmal.
Der Stein, aus dem es gefertigt wurde, ist ein erratischer Block. Gefunden wurde der Stein 1947 auf dem Gebiet der «Gmäiniweid». Ursprünglich sollte der schwere Block gesprengt werden. Als das dem Künstler Walter Eglin zu Ohren kam, überzeugte er die Bennwiler davon, das zu unterlassen und stattdessen aus dem besonderen Stein etwas Besonderes zu machen. So wurde daraus, zusammen mit dem von Bildhauer Fritz Bürgin geschaffenen Bronzemedaillon des Dichters, das «Bämbeler» Spitteler-Denkmal.