«Ich ritt, bevor ich laufen konnte»
12.07.2019 Bezirk Liestal, SportReitsport | Nadine Flubacher vor dem Pferdesportverband-Nordwest-Final
Nadine Flubacher aus Arisdorf fliegt mit ihren Pferden über Hindernisse von 125 Zentimetern Höhe und durfte schon am CSI Basel zwischen vielen internationalen Reitern starten. Am Sonntag reitet sie den ...
Reitsport | Nadine Flubacher vor dem Pferdesportverband-Nordwest-Final
Nadine Flubacher aus Arisdorf fliegt mit ihren Pferden über Hindernisse von 125 Zentimetern Höhe und durfte schon am CSI Basel zwischen vielen internationalen Reitern starten. Am Sonntag reitet sie den Final des Pferdesportverbands Nordwest.
Céline Humair
Frau Flubacher, Sie verbringen sehr viel Zeit bei oder auf Ihren Pferden. Wie sind Sie zum Reiten gekommen?
Nadine Flubacher: Ich wurde bereits kurz nach der Geburt mit dem Pferdvirus infiziert. Begonnen hat alles mit der Quarter-Horse-Stute Clasy, die meine Mutter von Grindelwald mitgenommen hatte. Ich war schon als Kind immer bei den Pferden und bin geritten, bevor ich richtig laufen konnte.
Angefangen im Westernsattel, jetzt im Springsattel – wie kommt das?
Grundsätzlich wollte ich immer Western reiten, doch ich kam nicht in die Steigbügel am Westernsattel und musste den Springsattel nehmen. Durch meine regelmässigen Ferien bei meiner Gotte im Reitstall lernte ich das Springreiten kennen. Clasy machte alles mit: Western, Dressur und Springreiten. Leider brach sich Clasy im Jahr 2011 das Bein und wir mussten sie einschläfern. An diesem Punkt entschied ich mich, in Richtung Springsport zu gehen. Meine ganze Familie unterstützte mich und wir kauften Byjou. Mit ihr erritt ich die Lizenz und holte die ersten Siege im Springreiten. Doch leider war Byjou für die hohen Sprünge zu wenig mutig und schweren Herzens musste ich mich für einen Verkauf entscheiden. 2016 konnten wir mein jetziges Pferd Elle Belle kaufen. Sie ist heute 10-jährig und wir sind ein gutes Team geworden. Im Moment springen wir turniermässig auf einer Höhe bis 125 Zentimeter und in Trainings auch 130. Seit Anfang Jahr ist Casalita, eine 6-jährige Stute, ebenfalls in unserem Besitz und wird von mir an den Turniersport herangeführt. Durch die tolle Zusammenarbeit mit meinem Hauptsponsor entschieden wir uns im vergangen Jahr, noch ein Fohlen zu kaufen. Die einjährige Stute ist auf der Fohlenweide auf dem Hof Bürten in Reigoldswil.
Was bedeutet das Reiten für Sie? Warum sind Sie immer noch mit so viel Leidenschaft dabei?
Das Reiten gibt einem so viel zurück. Es ist ein Teamsport, bei dem man mit einem 600-Kilogramm-Wesen kommunizieren muss. Diese Verbindung mit dem Tier und dieses Vertrauen faszinieren mich.
Wie sieht Ihr Alltag mit den Pferden aus?
Ich habe meine Pferde zu Hause auf dem Bauernhof. Da wir keinen Reitplatz haben, bin ich meistens im Wald unterwegs. Ich darf zum Longieren und Leichtarbeiten auf den Reitplatz meiner Nachbarin. Ein- bis dreimal in der Woche fahre ich fürs Training auf den Birkenhof in Möhlin, wo ich entweder selbstständig oder mit Jürg und Sarina Soder zusammen trainiere. Sporadisch bin ich aber auch auf dem Galms in Lausen bei Hansueli Sprunger oder bei Elian Baumann in Gipf-Oberfrick. Abwechslungsreiche Beschäftigung ist mir für die Pferde sehr wichtig.
Wie bekommen Sie das zeitlich und auch finanziell unter einen Hut?
Durch meine relativ flexiblen Arbeitszeiten und mein 80-Prozent-Pensum kommt mir mein Geschäft etwas entgegen. Oft sind Turniere bereits am Freitag. So habe ich an diesem Tag immer frei. Finanziell zahle ich einiges selbst und werde ausser von meinen Eltern von Sponsoren unterstützt. Das befreundete Ehepaar, das mir 2018 auch den Kauf des Fohlens ermöglicht hat, unterstützt mich beispielsweise mit monatlichen Beiträgen. Zudem habe ich eine Partnerin gefunden, die für das Wohlbefinden meiner Pferde sehr wichtig ist. Mit ihrer Hilfe und mit physikalischer Gefässtherapie können sich meine Pferde entspannen und regenerieren. Ohne alle meine Unterstützer wäre Reiten auf diesem Niveau mit mehreren Pferden schwierig.
Zu Ihren grössten Erfolgen gehören der 5. Rang am CSI in Basel im Januar und der Sieg am mehrtägigen Turnier in Maienfeld 2018. Gab es in Ihrer jungen Karriere auch Tiefpunkte?
Eine grosse Enttäuschung war das diesjährige Turnier in Hildisrieden, bei dem ich mich im ersten Parcours verritt und im zweiten einen Sturz hatte. Das war ein Tag zum Vergessen! Von verletzungsbedingten Tiefpunkten bin ich zum Glück mehrheitlich verschont geblieben. Nur mit 15 Jahren hatte ich im Springtraining einen Sturz und fiel von Byjou. Der Schlüsselbeinbruch war meine einzige gröbere Verletzung.
Wie war es für Sie, am CSI Basel zu reiten? An einem internationalen Turnier und doch so nah von vor der Haustür.
Es war auf jeden Fall ein einmaliges Erlebnis. Ich habe für dieses Jahr mehrere Startgeldsponsoren gefunden und deshalb diese Gelegenheit beim Schopf gepackt. Es war grandios, hinter die Kulissen schauen zu können, das Pferd im selben Stall untergebracht zu haben wie die internationalen Top-Pferde und den besten Reitern und Reiterinnen der Welt auf dem Stallgang zu begegnen. Andererseits war auch ein gewisser Druck da: Wenn man schon in eine solche Arena einreiten darf, will man auch bestehen.
Welche Ziele verfolgen Sie? Kommt eine Profi-Karriere als Reiterin infrage?
Beruflich gesehen stehe ich noch vor einer Gabelung. Ich weiss nicht, ob ich das Reiten auch in eine berufliche Richtung weiterverfolgen will, oder ob ich mich im KV weiterbilden möchte. Reiterlich will ich erst einmal den Final des Pferdesportverbands Nordwest am Sonntag auf dem Birkenhof in Möhlin souverän absolvieren. Ich würde auch gerne auf verschiedenen internationalen Turnieren die Amateurtour reiten und Ende Juli in Maienfeld wiederum unser Können unter Beweis stellen.
Zur Person
chu. Nadine Flubacher ist 21 Jahre alt und lebt auf dem Bauernhof in Arisdorf, auf dem sie auch aufgewachsen ist. Sie wohnt dort mit ihrer fünfköpfigen Familie sowie den Grosseltern. Die kaufmännische Angestellte arbeitet im Personalversicherungswesen. Ihre Freizeit verbringt sie hauptsächlich bei ihren Pferden. Das Mitglied des TV Arisdorf joggt und liest gerne. Im Winter fährt sie gerne Ski – in ihrer zweiten Heimat Grindelwald, wo die Eltern ihrer Mutter wohnen.