Für Daniela Maritz, Fachexpertin für Spitalhygiene und Infektprävention am Kantonsspital Baselland, gehen die Massnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie im Kanton Baselland zu wenig weit. Sie würde eine Erweiterung der Maskenpflicht auf Läden und öffentliche Räume befürworten.

Tobias Gfeller

Frau Maritz, mehrere Kantone – darunter Basel-Stadt – kennen eine Maskenpflicht für Einkaufsläden und Schulen. Der Kanton Baselland ist zurückhaltender. Ein Fehler?
Daniela Maritz: Ich finde die Massnahmen dieser Kantone berechtigt und würde auch für Baselland eine erweiterte Maskenpflicht befürworten; zum Beispiel in Einkaufsläden und öffentlichen Räumen. Die kantonalen Unterschiede sind schwer nachzuvollziehen.

Schutzmasken wurden in den vergangenen Monaten immer mehr zum Streitthema. Wie beurteilen Sie den Umgang der Behörden damit?
Ich bin der Meinung, die Behörden haben diese für alle extreme Situation gut gemeistert. Anpassungen nach dem jeweils aktuellen Erkenntnisstand müssen aber immer wieder vorgenommen werden.

Welche Schutzmasken empfehlen Sie der Bevölkerung als Fachexpertin für Spitalhygiene?
Ich persönlich bin überzeugt, dass die «normalen» Mund-Nasen-Schutzmasken vom Typ II R ausreichend sind. Dies hat sich auch bei einer Überprüfung auf Antikörper bestätigt. Personen, die sich mit diesen Masken geschützt haben, weisen keine Antikörper im Blut auf und haben dementsprechend also auch keine Coronainfektion durchgemacht.

Immer mehr Menschen tragen Stoffmasken, die sich waschen lassen und so mehrfach verwendet werden können. Was sind die grössten Fehler gemäss Ihrer Erfahrung, die dabei gemacht werden, und was muss konkret bei deren Verwendung beachtet werden?
Im Spital bestehen wir auf Medizinprodukten, das heisst auf dem geprüften Typ-II-R-Mund-Nasen-Schutz. Im privaten Umfeld darf jede und jeder tragen, was sie oder er möchte. Stoffmasken sind eher selten geprüfte Medizinprodukte. Eine korrekte Aufbereitung, zum Beispiel das tägliche Waschen bei 60 Grad, wird von den wenigsten mir bekannten Personen eingehalten. Zudem bleibt die Frage, von wem und wie die Schutzqualität von Stoffmasken überprüft wird. Geeigneter Stoff muss eine gewisse Dichte haben, und es muss allenfalls ein zusätzlicher Filter eingenäht sein. Bei jedem Waschgang verliert das Material zusätzlich an Filterleistung. Ich persönlich trage auch privat keine Stoffmasken.

Wie sollen Masken generell zwischen dem Tragen gelagert werden, oder ist es wirklich nötig – auch bei OP-Masken –, dass man sie nach jeder Verwendung, auch einer Zugfahrt von 15 Minuten, wegwirft?
Im Spital tragen wir die Masken eine Schicht lang – das sind in etwa acht Stunden – oder wechseln, falls sie defekt sind. Nach 15 Minuten wegwerfen ist somit Verschwendung und bedeutet ein zusätzliches Abfallproblem. Eine Maske, die man nur punktuell trägt, kann auch mehrere Tage wiederverwendet werden und zum Beispiel in einem Etui – am besten abwischbar – verstaut werden. Es gibt dafür inzwischen viele Angebote. Wir raten Spitalmitarbeitenden, ihre Masken beim Essen nicht ohne Schutz auf den Tisch zu legen, sondern zum Beispiel eine Papierserviette darunterzulegen oder die Maske in eine solche eingewickelt in der Tasche zu versorgen. Wichtig ist, dass beim Kontakt mit der Maske immer zuerst die Hände desinfiziert oder gewaschen werden.

Was sagen Sie zu Methoden wie bügeln, Mikrowelle oder Backofen, um die Viren auf Masken abzutöten?
Viren und Bakterien werden oft bei Temperaturen über 60 Grad abgetötet. Beim Waschen helfen zusätzliche Tenside im Waschpulver. Beim Bügeln werden Temperaturen von über 100 und sogar 150 Grad und mehr erreicht. Bügeln tötet also ab, ist aber für die Mund-Nasen-Schutzmasken vom Typ II R nicht geeignet. Auch im Backofen oder in der Mikrowelle können bei genügend Hitze und Zeit die Erreger eliminiert werden. Das wird jedoch alles nicht oder nur selten überprüft.

Was hat die Schutzmaskenpflicht – abgesehen vom unmittelbaren Schutz vor Ansteckungen – bewirkt? Konnte damit auch signalisiert werden, dass die Situation nach wie vor ernst ist?
Die Situation ist nach wie vor ernst und die Maske vermittelt hoffentlich eher Sicherheit, als dass die Gefahr im Vordergrund steht. Vielleicht und hoffentlich werden wir dank der coronabedingten Schutzmassnahmen wie die Südhalbkugel etwas von der Grippewelle verschont.

Die Pandemie dauert jetzt seit Anfang März an. Wie hat sich seitdem die Hygiene am Kantonsspital verändert? Wurden im Verlauf der Monate und der gewonnenen neuen Erkenntnisse Anpassungen vorgenommen?
Das Verständnis für das Einhalten der Schutzmassnahmen hat sich bei allen verbessert – von Mitarbeitenden über Patienten und Besucher bis zur Bevölkerung. Anfängliche, teils panikartige Ängste wurden relativiert. Wir haben in den Spitälern schon vor Corona zu isolierende Patienten mit zum Beispiel multiresistenten Erregern betreut. Am effektiven Prozedere diesbezüglich hat sich nichts geändert.

Welche Schutzmassnahmen werden vonseiten der Spitalhygiene im Haus noch immer empfohlen?
Wir haben eine strikte Maskenpflicht bei den Aufgaben mit Patienten, in den öffentlichen Zonen des Spitals sowie an Sitzungen und internen Fortbildungen. Am Arbeitsplatz gilt: entweder Distanz von 1,5 Metern oder Maske und viel lüften. Die Händehygiene muss weiterhin zwingend eingehalten werden. Sie wird teils eher vernachlässigt, da viele sich allein mit der Maske sicher fühlen. Es sind aber alle Schutzmassnahmen wichtig. Ständiges Handschuhtragen vermittelt eine falsche Sicherheit, da dann keine Händehygiene eingehalten wird und Erreger verschleppt werden. Zudem gibt es immer noch wie in allen Spitälern Restriktionen für Besucher. Da ist das Verständnis nicht immer vorhanden. Selbstverständlich sind wir bei palliativen Patienten nach Möglichkeit und Absprache grosszügiger.

«Ich bin für eine erweiterte Maskenpflicht»

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