Sorge tragen – auch dem Personal

  19.03.2020 Baselbiet, Sissach, Gelterkinden, Läufelfingen

Altersheime und Spitex im «Corona-Modus»

Während in den Alters- und Pflegeheimen für die Bewohnerinnen und Bewohner das Besuchsverbot am einschneidendsten ist, müssen die Spitex-Organisationen ihre Ressourcen bündeln – personell und materiell.

Tobias Gfeller

Neben den Spitälern und Arztpraxen gehören die Alters- und Pflegeheime und die Spitex-Organisationen zu den wichtigsten Institutionen im Gesundheitswesen. Das Coronavirus stellt auch sie vor grosse und teilweise neue Herausforderungen. «Es ist vieles anders», sagt Dorothea Vogt, Geschäftsleiterin des Spitexvereins Oberes Homburgertal. «Wir sind permanent in Alarmbereitschaft: beobachten, verfolgen und vorausdenken.»

Die oberste Prämisse sei es zurzeit, die Ressourcen zu bündeln – materiell und personell – und Prioritäten zu setzen. Zwar seien Desinfektionsmittel und Schutzmasken noch vorhanden. Der Vorrat reiche aber nicht für ewig, warnt Vogt. «Wir haben ja grundsätzlich schon einen sehr hohen Hygienestandard. Es tönt jetzt vielleicht komisch, gerade jetzt in der Zeit des Coronavirus, aber wir müssen gewisse Hygienemassnahmen sogar etwas zurückfahren, weil uns das Material fehlen würde.» Tragen sonst die Spitex-Mitarbeitenden dieselben Schutzmasken maximal während zweier Stunden, müssen sie diese aus materiellen Spargründen heute länger tragen.

Ähnliches hört man aus den Spitälern. Die Hygienestandards seien aber jederzeit garantiert. «Wir müssen uns in dieser Krise noch mehr als sonst bei allem die Frage stellen, was Priorität hat und was weniger. Wir können nicht alles bis zur Unendlichkeit hochfahren», erklärt Dorothea Vogt.

Risiko abwägen
Die Geschäftsleiterin des Spitexvereins Oberes Homburgertal erklärt, dass die Spitex-Mitarbeitenden mit ihren Besuchen zu Hause eine Art Schleusenfunktion einnehmen zwischen der öffentlichen und der fragilen Gesellschaft. «Viele unserer Klientinnen und Klienten sind älter oder chronisch krank und daher Risikopatienten in Bezug auf das Coronavirus. Wir müssen uns jetzt überlegen, welche Behandlung oder Pflege einen wichtigen Mehrwert bietet und wo das Risiko einer Ansteckung überwiegt.» Seit Wochen sind die Mitarbeitenden angewiesen, auch in ihrem Privatleben noch stärker auf ihre Gesundheit zu achten als sonst. Teamsitzungen werden nur noch in Notfällen und wenn, dann im Freien abgehalten. Dorothea Vogt hat zudem die Teams so organisiert, dass die persönlichen Kontakte möglichst tief bleiben. Personalausfälle hätten jetzt für die Spitex-Organisationen gravierende Folgen.

Bei der Spitex Sissach und Umgebung hätten Klientinnen und Klienten von sich aus Tätigkeiten der Spitex im Haushalt abbestellt, erklärt Geschäftsleiterin Cécile Durant. «Wir legen unser Augenmerk zurzeit neben der Pflege verstärkt auf die Mahlzeiten. Zusammen mit unserem Zivilschutz organisieren wir, dass Mahlzeiten ausgeliefert werden oder für unsere Klientinnen und Klienten eingekauft wird.» Bei der Spitex Sissach und Umgebung wurde zur Kontaktverminderung Homeoffice eingeführt.

Aktivierungsangebote ausgebaut
Bei aller Angespanntheit sei es wichtig, dass die Spitex-Mitarbeitenden Ruhe bewahren und diese bei den Klientinnen und Klienten auch ausstrahlen, so Dorothea Vogt. Denn Ängste und Sorgen gäbe es auch bei den Mitarbeitenden, bestätigt Volkmar Fritz, Bereichsleiter Pflege bei der Spitex Gelterkinden und Umgebung. Material wie Desinfektionsmittel und Schutzmasken seien auch in Gelterkinden noch genügend vorhanden. «Wir müssen aber damit rechnen, dass es knapp werden könnte», betont Fritz.

Auch bei den Bewohnerinnen und Bewohnern der Alters- und Pflegeheime gibt es Verunsicherung und Ängste, verrät Heinz Frötscher, Leiter des Alters- und Pflegeheims zum Eibach in Gelterkinden. «Eine Frau sagte mir, so etwas wie jetzt hätte sie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt.» Auch in den Heimen wurden die Hygienemassnahmen nochmals verstärkt. Am einschneidendsten ist jedoch das vom Bund angeratene Besuchsverbot mit Ausnahme bei Sterbenden. Heinz Frötscher und sein Team haben daher die Aktivierungsangebote erweitert. Doch alles passiere nur noch in kleinen Grüppchen. «Im Haus läuft mehr als sonst. Wir müssen die Besuche der Verwandten irgendwie ersetzen.»

Das Team sei nun daran, den Bewohnerinnen und Bewohnern per digitale Medien Videotelefonate mit ihren Angehörigen zu ermöglichen. Roland Dalhäuser, Leiter des Alters- und Pflegeheims Jakobushaus in Thürnen, nutzt die «Volksstimme» für einen Appell an die Bevölkerung: «Jene, die meinen, das Ganze auf die leichte Schulter nehmen zu können, irren. Wir müssen die Infektionskette unterbinden. Wir haben direkt mit Risikopatienten zu tun. Deshalb tut es so weh, wenn sich Leute nicht an die Vorgaben halten.»

 


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