Brauerei verdoppelt die Preise

  26.09.2019 Bezirk Sissach, Sissach, Gastronomie

«Farnsburger» positioniert sich nach Beinahe-Konkurs im Premium-Bereich

Um schwarze Zahlen zu schreiben, greift die Brauerei Farnsburg zu einem drastischen Mittel: Sie erhöht die Preise für ihre Biere zum Teil massiv. Statt mit Massenbieren mithalten zu wollen, konzentriert sich die Brauerei auf Qualität und Regionalität.

Christian Horisberger

Vor wenigen Monaten stand bei der Brauerei Farnsburg der Konkursrichter sozusagen auf der Türschwelle. Nur das Engagement eines neuen Geldgebers, der nach einem Kapitalschnitt die Aktienmehrheit besitzt, konnte verhindern, dass die erst 2016 eröffnete Sissacher Brauerei im Juni wieder von der Bildfläche verschwand.

«2018 machte die Brauerei einen Verlust von 625 000 Franken – bei Einnahmen von 330 000 Franken», sagt Grischa Heinz, der heutige CEO. Der ursprüngliche «Farnsburger»-Businessplan, als Kleinbrauerei zu starten und nach mehreren Ausbauschritten übers Volumen profitabel zu werden, war nicht aufgegangen. Der Umsatz entwickelte sich nicht ansatzweise wie erwartet.

Der Versuch des früheren Geschäftsführers, mit einem «Farnsburger» aus der Dose, gebraut in Deutschland, Geld zu verdienen, schlug fehl (die «Volksstimme» berichtete). «Das ist bei den Kunden ganz schlecht angekommen und machte uns zum Fasnachtssujet», sagt Heinz. Er brach die Dosenbier-Übung ab und hofft, die noch 43 000 vorhandenen abgefüllten und die 180 000 bedruckten «Farnsburger No.5»-Dosen an den Hersteller zurückverkaufen zu können. «Die deutsche Brauerei ist weltweit tätig und könnte das ‹Baselbieter› Bier beispielsweise als Restposten nach China verschiffen.» Es sei ein hochwertiges Produkt, sagt Heinz, doch für die Regionalbrauerei war es marketingtechnisch Gift.

«Jede Flasche mit Verlust verkauft»
Die früheren Besitzer hätten versucht, im Konzert der Grossen mitzuspielen, sagt der neue Geschäftsführer. «Selbst im Jahr 2018, als die Sissacher Brauerei mehr als eine halbe Million Franken Verlust einfuhr, hat man die Preise fürs Lagerbier gesenkt.» Heinz will die unternehmerischen Fehlentscheide korrigieren, um möglichst bald in die schwarzen Zahlen zu kommen, nachdem «bisher jede Flasche Bier mit Verlust verkauft wurde».

Hier setzt der CEO an: Um die hohen Fixkosten für die Abschreibungen an der topmodernen Anlage, die Raummiete und die Löhne von noch zwei Angestellten – Braumeister und Verkaufsmitarbeiter – bezahlen zu können, muss das Bier deutlich mehr einbringen. Die Preise werden massiv erhöht: Neu kosten alle Sorten in der 33-cl-Flasche an der Rampe 3.30 Franken. Heute ist das «Hellblonde», ein Lager, für weniger als die Hälfte, noch für 1.50 Franken, zu haben. Die Spezialbiere Naturblond, Amber oder Bock kosten zwischen 1.75 und 2.40 Franken. Können zu diesen Konditionen 90 Prozent der möglichen Jahresproduktion verkauft werden, erreiche die Brauerei den Break-even, erklärt Heinz.

Er sei sich bewusst, dass vielen Kunden die Preiserhöhung sauer aufstossen wird. Sie werden sich auch kaum mit der Begründung trösten lassen, dass sie ihr «Farnsburger» bisher viel zu billig serviert bekommen haben, wie Heinz sagt. Der Preisaufschlag werde die Brauerei voraussichtlich Kunden kosten, dennoch ist er zuversichtlich: «Ein Bier aus der Region für die Region – das war der ursprüngliche Wunsch der Aktionäre. Darauf wollen wir weiter aufbauen.» Die Brauerei hat gemäss Heinz 850 Aktionäre und 500 Kunden. Die Verankerung in der Bevölkerung sei gegeben. Und qualitativ mischt das «Farnsburger» des deutschen Braumeisters Uli Graulich vorne mit: Das Amber und das Lager aus Sissach wurden vergangene Woche mit einem «Swiss Beer Award» ausgezeichnet.

Rampenverkauf wird erweitert
Im Fokus hat die Brauerei Bierliebhaber in den Bezirken Sissach, Waldenburg und Liestal mit ihren 110 000 Einwohnern. Beim Vertrieb setzt sie zur Hauptsache auf den Rampenverkauf bei der Brauerei. Daher werden die Öffnungszeiten der Rampe ganz in der Nähe der Migros zur Güterstrasse hin von drei auf sechs Tage pro Woche erweitert.

Nie richtig Fuss fassen konnte das Farnsburger Bier in der Gastronomie. Heute setzt nur eine Handvoll Beizer im Offenausschank darauf. Heinz wäre nicht überrascht, wenn selbst jene treuen Wirte nach dem Preisaufschlag zu einem Bier wechseln würden, an dem sie mehr verdienen können.

Das «Farnsburger» erhält nicht nur einen höheren Preis, sondern auch ein neues Gesicht. Das geschwungene, weisse «F» im gelben Kreis verschwindet von der Flasche. Die neue Etikette zeigt eine stilisierte Burg – die Farnsburg – eingerahmt von Symbolen für die Zutaten Wasser, Malz und Hopfen. Zudem steht auf dem Etikett geschrieben, was den Premium-Preis rechtfertigt: «Mit Achtsamkeit, Liebe und Handarbeit gebraut, gereift und abgefüllt in Sissach.» Beim Slogan auf dem Rückenetikett haben sich die neuen Chefs bei der Anfang 2018 in Konkurs gegangenen «Baselbieter Brauerei» bedient – wenn auch nicht in lupenreinem Oberbaselbieter Dialekt: «Mi Schlugg Heimet». Das «Baselbieter Bier» verkaufte sich als «e Schluck Heimet».

Das neue Erscheinungsbild und die Preiserhöhung gelten ab dem 1. Oktober. Sie werden den Aktionären, Kunden und Partnern in einem Brief des neuen Verwaltungsratspräsidenten Markus Haubensak in den kommenden Tagen mitgeteilt. Der «Presidents Letter» wird an 1450 Adressen verschickt.

Tag der offenen Tür im November
Am Samstag, 2. November, heisst die Brauerei Farnsburg ihre Aktionäre, Kunden und die Bevölkerung des Oberbaselbiets willkommen zu einem Tag der offenen Tür. Interessierte sind eingeladen, die Brauerei zu besichtigen, die Biere – die bisherigen Lager, Zwickel und Amber sowie das neue Pale Ale – zu degustieren und mit den Verantwortlichen der Brauerei ein Wort zu wechseln. Weitere Marketing-Aktivitäten seien in Planung.

Ob die Kleinbrauerei mit der neuen Strategie kostendeckend betrieben werden kann, werde sich in den kommenden Monaten zeigen, sagt der CEO. «Wenn nicht, werden wir nach neuen Lösungen suchen.» Als Beispiel nennt er eine Kooperation mit einer anderen Brauerei. Er sei aber zuversichtlich, dass der eingeschlagene Weg zum Erfolg führt.

 


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