Gute und schlechte Musik

Was ist das eigentlich für ein Phänomen, wir Menschen und die Musik? Jeder und jede scheint zu wissen, welches das beste Musikgenre ist und verteidigt dieses vehement. Innerhalb meines Freundeskreises haben diese Meinungsverschiedenheiten schon zu heftigen Auseinandersetzungen geführt. Dabei hat doch einfach jede Person ihre eigenen musikalischen Vorlieben, oder? Ich konnte diese Streitereien nie nachvollziehen und habe mich deshalb gefragt, wieso wir so leidenschaftlich und emotional werden, wenn es um Musik geht.

Ein Stück weit nachvollziehen kann ich diese starken Meinungsbildungen und den Wunsch, sich und seine musikalischen Vorlieben zu verteidigen, wenn man bedenkt, dass wir Musik mit Emotionen und vielen Erinnerungen verbinden. Einige gehen sogar so weit, dass sie ihre ganze Persönlichkeit einer Musikrichtung anpassen und ihre Identität und Selbstdefinition davon beeinflussen lassen: Ein Hardcore Punk-Fan, der die Augen durch die Haare verdeckt und sich von Kopf bis Fuss in Nieten kleidet. Das geht für mich persönlich schon einen Schritt zu weit. Unangenehm wird es für mich dann, wenn jemand dafür verurteilt wird, dass sie oder er diese Begeisterung nicht teilt. Ich gebe zu, dass ich während einer Autofahrt schon verweigert habe, für Musik zu sorgen – aus Angst, verurteilt zu werden …

Für mich war Musikgeschmack nie ein grosses Thema: Jede Person mag, was sie mag, und fertig. Allerdings musste ich mir auch schon einige verurteilende Kommentare anhören: Ich höre gerne koreanische Musik, besser bekannt unter K-Pop. Und auf einmal wurde mir ein Image auferlegt, dass ich mein Leben komplett diesem Musikgenre anpassen würde: Mein Zimmer zupflastern mit Postern, kreischend am Flughafen warten, bis die Band ankommt …

Ich glaube, dass unser individueller Musikgeschmack eben doch nicht so individuell ist, wie wir vielleicht denken. Dieser wird stark geprägt von sozialen Einflüssen, zum Beispiel davon, was «cool» oder eben «nicht zeitgemäss» ist. Ich nehme hier Hard-Rock- oder Heavy-Metall-Fans als Beispiel: Nicht alle Metal-Fans haben schwarz lackierte Fingernägel und huldigen im Kerzenschein dem Teufel – es sind Minderheiten in der Musikszene, die sich gegen die breite Masse und deren wilde Fantasien behaupten müssen.

Musik ist eine Kunst. Kunst ist subjektiv. Es gibt keine objektiven Massstäbe dafür, was «gute» oder «schlechte» Musik ist. Daher kann jeder und jede den eigenen Musikgeschmack als den besten betrachten. Eigentlich ist diese Vielfalt an Musikgeschmäckern doch eine coole Sache, wenn man bedenkt, dass sich dadurch Genres und Kulturen umso mehr durchmischen. Musik verbindet die Menschen und ist tief mit unseren Emotionen verbunden – über so etwas Schönes zu streiten, kommt mir recht banal vor. Vielleicht nehme ich diese Kolumne als Anlass, ab jetzt häufiger zum Verbindungskabel zu greifen und meine Musik zu spielen …

Melanie Frei, Redaktorin «Volksstimme»

HERZBLUT

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